
Die porträtierte Wissenschaftlerin und der porträtierte Wissenschaftler arbeiten seit 10 Jahren in der gleichen Abteilung eines Forschungsinstituts. Beide sind wissenschaftliche Mitarbeitende und stellvertretende GruppenleiterIn. Sie haben sich während ihres Studiums kennengelernt und sind mittlerweile verheiratet. Vor 19 Monaten wurden sie Eltern von Drillingen. Sie organisieren den Familienalltag gleichberechtigt und teilen alle Aufgaben halbe-halbe zwischen sich auf.
Wissenschaftlerin: Als erstes habe ich sehr gelacht. Ich bin selbst Drilling und meine Familie hatte mir das immer spaßeshalber prophezeit. Etwas später kam aber doch noch eine Schrecksekunde. Ich wusste, dass Drillinge auf jeden Fall früher geboren werden. Aber meine Mutter hat das vor 30 Jahren auch geschafft. Schon damals ist alles gut gegangen und heute ist die Medizin ja deutlich weiter. Ich habe mich von Anfang an riesig gefreut.
Wissenschaftler: Das realisiert man erst gar nicht, was Drei auf einmal bedeutet. Ich habe mich sehr gefreut und dachte „Wow“. Ich hatte keine Schrecksekunde, denn ich habe nicht an die Risiken gedacht. Im Laufe der Schwangerschaft wurde es dann langsam realer. Die Schwangerschaft war eine anstrengende Zeit. Meine Frau hatte aufgrund der Drillingsschwangerschaft viele Arzttermine und wurde schon sehr früh von der Arbeit freigestellt, während ich ganz normal weitergearbeitet habe.
Wissenschaftlerin: Ich hatte mir erhofft, sowohl Zeit für die Kinder als auch für die Arbeit zu haben. Ich wollte meine Arbeit in einem Umfang fortführen, der es mir ermöglicht, in Bezug auf die Verantwortlichkeiten und die Projektaufgaben möglichst so weiterzuarbeiten wie vorher. Andererseits sollten die Kinder auf keinen Fall zu kurz kommen.
Wissenschaftler: Ich wollte auf jeden Fall meine Arbeitszeit reduzieren, um Zeit für die Kinder zu haben.
Wissenschaftler: Das war ganz unkompliziert. Ich wollte gerne die Vaterrolle übernehmen und keine traditionelle Rollenaufteilung. Ich wäre auch ein halbes Jahr zuhause geblieben, aber wir wussten so gar nicht, wie es mit dem Stillen von drei Kindern klappt und daher haben wir uns dagegen entschieden.
Wissenschaftlerin: Wir waren uns von Anfang an einig. Wenn es nur ein Kind geworden wäre, hätten wir noch mehr geteilt. Dann wäre ich schon im ersten Jahr wieder arbeiten gegangen und mein Mann wäre im ersten Jahr auch ein paar Monate zuhause geblieben. Wir wollten uns das aufteilen. Meinem Mann war es immer wichtig, dass er sich viel einbringen kann. Mir war es wichtig, dass ich nicht nur Mama bin, sondern auch meine Arbeit fortführen kann.
Wissenschaftlerin: Unser Vorgesetzter hat sich für und mit uns gefreut. Dass man als Mutter ein Jahr zuhause bleibt, ist mittlerweile irgendwie Standard und jeder erwartet das so. Deshalb war es wohl keine große Überraschung, dass ich das auch so gemacht habe. Wir haben immer darauf geachtet, frühzeitig und transparent zu kommunizieren, damit unser Vorgesetzter gut planen kann.
Wissenschaftler: Wir haben unsere Pläne gemeinsam mit unserem Vorgesetzten besprochen. Er hat selbst ein Kind und hat dadurch volles Verständnis für uns. Auch unsere Kolleginnen und Kollegen haben toll reagiert und sich gefreut. Wir haben Ihnen aber auch kommuniziert, dass wir jederzeit erreichbar sein werden.
Wissenschaftlerin: Ich war ein Jahr in Elternzeit zu Hause. Danach habe ich mit 30 Stunden pro Woche wieder angefangen zu arbeiten. Gleichzeitig hat mein Mann für vier Monate auf 30 Stunden pro Woche reduziert. Nach den vier Monaten haben wir beide auf 35 Stunden pro Woche erhöht. Seit zwei Monaten machen wir das nun so und testen, ob dieser Stundenumfang so passt.
Wissenschaftler: Im ersten Monat nach der Geburt waren die Kinder mit meiner Frau noch im Krankenhaus. Da konnte ich zwar nicht so viel helfen, habe aber trotzdem weniger gearbeitet, um da sein zu können. Im zweiten und dritten Monat habe ich Elternzeit und Urlaub genommen und war zuhause.
Wissenschaftlerin: Unser Limit war Fremdbetreuung frühestens nach einem Jahr und dann höchstens 7,5 Stunden am Tag. Das konnten wir realisieren: Die Kinder werden an 5 Tagen für 7,5 Stunden in der Kita betreut. Wir teilen uns das so auf: Einer von uns geht um 7 Uhr aus dem Haus, damit er um 8 Uhr bei der Arbeit ist. Der andere bringt die Kinder in die Kita und ist dann ungefähr um 9 Uhr bei der Arbeit. Wer früher angefangen hat, holt die Kinder um 15:15 Uhr ab. Das machen wir jeden Tag abwechselnd – so hat jeder immer wieder einen Nachmittag mit den Kindern zu hause. Bei wichtigen Terminen oder Dienstreisen tauschen wir die Tage.
Bei Krankheit bleibt derjenige zuhause, der sowieso den kurzen Tag gehabt hätte, also die Kinder abgeholt hätte. Wenn einer einen wichtigen Termin hat, dann bleibt der andere zu Hause. Wenn die Kinder dann mehrere Tage krank sind, wechseln wir uns ab.
Zur weiteren Unterstützung haben wir noch meine Schwiegermutter. Sie ist wirklich Gold wert. Sie wohnt nebenan und hilft jeden Morgen, die Kinder für die Kita fertig zu machen. Wir stehen um 6 Uhr auf und gehen um 7:30 Uhr aus dem Haus. In 1,5 Stunden drei Kinder und zwei Erwachsene fertig zu machen und zu frühstücken ist sehr sportlich. Ohne die Hilfe meiner Schwiegermutter müssten wir unseren Arbeitsumfang reduzieren.
Wissenschaftler: Und die Uroma der Kinder ist auch noch da und hilft täglich mit. Sie schaut zum Beispiel mit einem Kind ein Buch an, während die anderen beiden angezogen werden. Für die Uroma ist das das Größte und für die Kinder auch. Die Großeltern stehen auch manchmal als Babysitter zur Verfügung und nehmen sich extra frei dafür. Und dann ist auch noch meine Schwester da, die noch bei meinen Eltern nebenan wohnt. Die Kinder lassen sich ohne weiteres von allen Familienmitgliedern ins Bett bringen, weil sie alle so gut kennen.
Wissenschaftlerin: Wir haben im Wechsel den Freitag frei. Der Tag ist dann für den Haushalt, fürs Einkaufen und das Vorkochen fürs Wochenende da.
Wissenschaftler: Der freie Freitag ist inzwischen bei uns beiden gar nicht mehr so beliebt, weil da einiges zu erledigen ist. Derjenige, der frei hat, ist dann auch für das Bringen und Holen der Kinder zuständig. Für die Alltagsorganisation sprechen wir sehr viel miteinander. Meistens sprechen wir am Wochenende die kommende Woche durch. Außerdem haben wir einen gemeinsamen Kalender – das hilft ungemein.
Wissenschaftlerin: Die Projektpartner und Kunden sind meistens überrascht, dass wir so viel bzw. schon wieder arbeiten. Es gab keine negativen Reaktionen.
Wissenschaftler: Viele haben Verständnis, weil sie auch selbst Kinder haben. Wir sind aber auch jederzeit erreichbar und nehmen manchmal Arbeit mit nach Hause. Die Arbeit ist uns sehr wichtig und das wissen unsere Kunden und Kollegen.
Wissenschaftlerin: Ich bin ziemlich zufrieden. Bisher klappt es mit den 35 Stunden pro Woche ganz gut. Leider hatte ich in der letzten Zeit sehr viele Reisen. Ich war etwa zwei bis drei Mal im Monat über Nacht weg und hatte dann zusätzlich eintägige Reisen. Ich freue mich, wenn ich nach Hause komme, aber auch, wenn ich zur Arbeit gehe.
Wissenschaftler: Die Abwechslung ist wertvoll. Ich möchte nicht nur arbeiten und erst um 19 Uhr nach Hause kommen, aber ich möchte auch nicht dauerhaft kürzertreten, so dass nur ich alleine für die Kinder zuständig bin. Ich habe meine Reisen stark zurückgefahren und reise nur noch, wenn es sein muss. Gerade ist das Reisen projektbedingt für meine Frau wichtiger. Wenn sie auf Dienstreisen ist, bringe und hole ich die Kinder. Das schönste ist jedoch die Zeit, wenn wir gemeinsam zu fünft sind. Das ist unschlagbar! Das ist unter der Woche meist zwischen 18 und 19:30 Uhr, dann herrscht bei allen ausgelassene Stimmung. Momentan bin ich sehr zufrieden so wie es ist, aber ich spiele mit dem Gedanken, in Zukunft die Arbeitszeit noch etwas zu reduzieren.
Wissenschaftlerin: Solche Sachen wie einen Kaffee mit den Kolleginnen und Kollegen zu trinken, fallen durch die stärker begrenzte Arbeitszeit leider eher weg. Die Zeit, die wir für die Kinder haben, die ist auch nur für die Kinder. Wir genießen die Zeit mit den Kindern bewusst, und wenn wir von zuhause arbeiten, dann erst, wenn die Kinder im Bett sind.
Wissenschaftlerin: Drei Dinge sind für uns unverzichtbar: Erstens die familiäre Unterstützung. Ohne diese Unterstützung könnten wir nicht in diesem Stundenumfang arbeiten. Zweitens die Flexibilität und die Arbeitszeitenregelung und dass wir unsere Arbeit selbst organisieren können. Drittens, dass wir beide am gleichen Institut arbeiten. Ich habe schon aus Erfahrungen im Bekanntenkreis gehört, dass es in anderen Unternehmen unter Umständen nicht so gern gesehen wird, wenn Väter in Elternzeit gehen. Es war nie Thema, dass mein Mann keine Elternzeit nehmen darf.
Wissenschaftler: Uns hilft sehr, dass wir beide in der gleichen Gruppe arbeiten und überlappende Tätigkeiten haben. So wissen wir gegenseitig über unsere Arbeit Bescheid. Auch die unkomplizierte Absprache mit unserem gemeinsamen Vorgesetzten hilft ungemein. Das macht es einfacher, den Arbeitsalltag flexibel zu gestalten. Es wäre alles viel komplizierter und viel mehr Organisationsaufwand, wenn wir verschiedene Arbeitgeber hätten.
Wissenschaftlerin: Momentan sind bei uns am Institut höchstens vier Gleittage pro Person im Monat möglich. Es wäre toll, wenn noch mehr Gleittage im Monat möglich wären, so wie andere Institute unserer Forschungsorganisation das bereits haben. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Und es sollte normaler werden von unterschiedlichen Orten aus zu arbeiten. Die bisherige Präsenzkultur ist oft gar nicht mehr so nötig.
Wissenschaftler: Eine Kita direkt auf dem Campus wäre toll. Auch eine kürzere Kernarbeitszeit (momentan 9 Uhr bis 16 Uhr) wäre toll, denn dann könnte man auch als Vollzeitkraft die Kinder abholen.
Wissenschaftlerin: Richtet euch nach den eigenen Wünschen und Vorstellungen und nicht nach denen der Gesellschaft. Achtet auf euch und die Kinder, auf euer Gefühl als Familie und nicht auf die Meinung der Nachbarn.
Wissenschaftler: Lasst euch nicht von der Erwartungshaltung des Umfeldes beeinflussen. Wir beide haben die Kita als Chance gesehen. Genau dies würde ich auch anderen raten. Unsere Kinder gehen gerne hin und sind durch die Kita sehr ausgeglichen. Man sollte immer auf sein eigenes Gefühl hören. Wenn man kein gutes Gefühl hat, dann muss man etwas ändern.
Inspirator*innen
Individuelle Wege zur Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben
Bilder © eveleen007 - stock.adobe.com